Nils Lichtlein, "unser" Nationalspieler mit bayerischen Wurzeln, hat es geschafft: Der 22-Jährige gebürtige Regensburger ist im Profi-Geschäft angekommen. Warum es für ihn gut war, immer schon mit älteren zu trainieren, hat er im Kurzinterview mit Günter Uschold nach dem Spiel gegen die Schweiz erklärt.

Nils, was hast du gedacht, als du von der WM-Nominierung erfahren hast?
Ich war natürlich sehr, sehr vorfreudig auf die WM, ist ja meine erste Senioren-WM. Und mit der Mannschaft, die auch letztes Jahr gezeigt hat was sie kann, macht es sehr viel Spaß. Alle haben eine Riesenpotenzial und wenn wir das abrufen, dann sind wir auch erfolgreich und Erfolg macht immer Spaß.
Wie ist die Stimmung beim Turnier, der Umgang und Kontakt mit den Nationalmannschaftskollegen?
Ich kannte durch die Bank weg alle, das hilft natürlich sehr. Wir hatten ein paar Lehrgänge zusammen und ich verstehe mich auch mit allen super, muss ich sagen. Ja und die Stimmung ist dementsprechend gut. Wir spielen viel Karten, manche gehen auch in die Stadt. Ich bin jetzt eher einer, der sagt, okay, wenn wir frei haben, dann würde ich lieber auf ruhig machen.
Welche Erinnerungen hast du noch an deine Zeit in der Bezirksauswahl Ostbayern (Anm: bei Dieter Hierl und Robert Torunsky)?
Die beiden haben mir eine große Chance gegeben, muss man sagen. Ich habe schon bei den drei Jahre älteren mitgemacht - dafür bin ich auch sehr dankbar. Ich habe viel gelernt von ihnen und ich glaube, immer wenn man mit älteren Spielern trainiert, muss man sich auch im Klaren sein, dass man körperlich nie so stark sein wird wie die und das hat mir, glaube ich, jetzt im Nachhinein viel geholfen.
Ich bin auch hier nie einer der körperlich stärksten und deswegen habe ich das von klein auf quasi gelernt bekommen.
Du bist das Vorbild für viele unserer Jungs in Bayern, die von einer Handballkarriere träumen. Was kannst du den jungen Nachwuchstalenten mit auf den Weg geben?
Ja, also erstmal steht natürlich im Vordergrund, vor allem in der Jugend glaube ich, jetzt Spaß zu haben, sich nicht so viel Druck zu machen. Aber ich muss schon sagen, da habe ich eine strenge Mutter gehabt, die ich vielleicht auch mal verflucht habe, aber sie hat mich zu viel extra Training mehr oder weniger gezwungen. (lacht) Und ich glaube schon, dass man mit Fleiß - vor allem im Training - viel wett machen kann. Und wenn man das große Ziel hat, dann kann man da (mit Trainingsfleiß) auch große Schritte machen.
Zu welchem Zeitpunkt deiner Karriere hast du denn gedacht, jetzt habe ich es geschafft, jetzt bin ich Profi?
Jetzt werde ich Profi, also vorgenommen habe ich mir das schon sehr sehr früh. Ich glaube spätestens zur letzten Saison, ich sag mal mit Fabis Verletzung, da habe ich viel Einsatzzeit bekommen. Und da habe ich dann gemerkt, okay, ich glaube ich bin im Geschäft angekommen. Weil es in den ersten Spielen natürlich gut für mich lief und man dann gemerkt hat, okay jetzt geht's bergauf. Einsatzzeit ist wichtig und ich glaube, auch in dem Moment wo ich die Nationalmannschaftseinladung hatte, dann war es so. Es ist nicht nur im Verein soweit, sondern auch dort (im deutschen Team) bin ich angekommen.
Kommst du noch manchmal zurück in deine bayerische Heimat Regensburg?
Sehr selten. Also meine Eltern kommen viel hoch (Berlin). Meine Mutter ist gerade auch hier in Herning zum Beispiel. Die machen alles für mich und da habe ich nicht mehr so viel Kontakt nach Regensburg, als dass ich dann noch viele Gründe habe.
Ich habe viele Freunde in Berlin und deswegen hält es mich dann meistens hier. Das schaffe ich auch nicht, dafür habe ich viel zu wenig frei. Ja, wenn dann in den Nationalmannschaftspausen, aber die Zeit bin ich dann hier.
Vielen Dank, Nils. Und ich hoffe, wir sehen uns in Oslo wieder. Halbfinale und Finale!
Interview und Fotos: © Günter Uschold
Nationalspieler mit bayerischen Wurzeln
Nils Lichtlein (Jg. 2002) begann das Handballspielen beim ESV 1927 Regensburg, mit dem er 2015 die bayerische Meisterschaft gewann. In der Auswahl des Bezirks Ostbayern trainierte er mit Robert Torunsky und Dieter Hierl. 2016 wechselte der Linkshänder in die Jugendabteilung der Füchse Berlin. Mit der Berliner Landesauswahl gewann er den Deutschland-Cup 2018,
Mit der U-19-Jugendnationalmannschaft gewann er bei der Weltmeisterschaft 2019 die Silbermedaille. 2023 folgte der Weltmeistertitel mit dem U-21-Nationalteam. Zudem wurde er als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet. Am 3. November 2023 gab er sein Debüt für die A-Nationalmannschaft gegen Ägypten. Bei der Europameisterschaft 2024 bestritt er fünf Spiele, warf 3 Tore und wurde am Ende mit der Nationalmannschaft vierter.
Foto: Lichtlein bei der U21-WM 2023 in Deutschland & Griechenland © Marco Wolf